Allgemeines zur Arbeit mit Filmen im Spanischunterricht
Wie bei allen anderen Textsorten bestimmt die Zielsetzung des Unterrichtenden selbstverständlich auch bei der Arbeit mit Filmtexten, seien es Auszüge aus Nachrichtensendungen, Filmen, Videos, DVDs oder Musik-Clips, die Bearbeitungstiefe. Auch bei einem nur punktuellen Einsatz dieses Mediums müssen jedoch bei der unterrichtlichen Nutzung folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- Nur kurze Ausschnitte können aufmerksam rezipiert werden. Bereits nach fünf Minuten lässt die Aufmerksamkeit drastisch nach. Die „Einbahnkommunikation“ gibt Tempo und Abfolge der Informationen vor, ein Nachfassen, Nachfragen ist nicht möglich und während der Vorführung können so gut wie keine Notizen gemacht werden.
- Kurze Pausen im Filmablauf erhöhen die Aufmerksamkeit stark.
- Beim ersten Anschauen ist die Aufmerksamkeit der Lerner eher auf die Handlung als auf die Sprache gerichtet. Wiederholungen (beispielsweise von Schlüsselszenen) sind auch hier ein effektives Mittel zur Steigerung des Lernzuwachses.
- Authentische Filmtexte erlauben zwar die medial vermittelte Teilhabe an der Zielkultur. Sie enthalten aber u. U. gerade dadurch für Schüler über das Sprachliche hinausgehende Schwierigkeiten, z.B. in interkultureller und/oder menschlicher Hinsicht.
- Bildinformationen sind wesentlich dichter und einprägsamer als sprachliche Informationen. Unter Umständen verblasst das akustische Bewusstsein, die Fremdsprache wird nicht mehr angemessen rezipiert. Das eigentliche unterrichtliche Anliegen - Sprachvermittlung - kann dadurch in den Hintergrund gedrängt werden.
- Video eignet sich insbesondere für die Vermittlung landeskundlicher und fremdkultureller Informationen. Doch darf nicht aus dem Blick geraten, dass Filmemacher stets ihren eigenen künstlerischen Intentionen folgen und dass es - man denke an Kameraoptik und Montageschnitt - nicht ohne strukturbedingte Manipulationen geht. Beides filtert, verkürzt und verfälscht zwangsläufig die Realität. Daher muss durch Ergänzungen und Korrekturen didaktisch der Gefahr begegnet werden, dass das Gezeigte naiv für wahr gehalten wird.
Bei der Filmrezeption lassen sich im Wesentlichen zwei Vorgehensweisen unterscheiden: das Blockverfahren und das sequentielle Verfahren. Während im letztgenannten Verfahren der Film in mehrere Sequenzen eingeteilt und vorgeführt wird, wird der Film als Einheit im Blockverfahren gezeigt. Der Vorteil des Blockverfahrens liegt sicherlich darin, dass der Film als „Werk“ gewürdigt wird und seine Dramaturgie nachvollziehbar bleibt. Für das sequentielle Verfahren spricht, dass wir uns die Neugier der Schüler auf den Ausgang des Films im Unterricht zu Nutze machen können. Antizipatorische und kreativ-produktive Verfahren wie aus der Literaturdidaktik bekannt, können hier zum Einsatz kommen. Wilts betont, dass beim Einsatz des sequentiellen Verfahrens auf jeden Fall darauf zu achten sei, dass die Schüler den Film zumindest zum Ende der Unterrichtseinheit in seiner Gesamtheit vorgeführt bekommen.
Zur Filmanalyse ist zwangsläufig ein Minimum an Wörtern zur Beschreibung von Kameraeinstellungen und Effekten notwendig. Darüber hinaus ist ein Grundwortschatz zum Thema Film sinnvoll. Eine zu intensive theoretische Beschäftigung mit Aspekten der Filmanalyse in der Fremdsprache halten wir allerdings nicht für angezeigt. Die Fachterminologie sollte in dem Maße erarbeitet werden, wie sie zur vertiefenden Auseinandersetzung mit inhaltlichen Aspekten des Films notwendig ist.
Nicht nur im Fall der Ton-Bild-Schere, also beim Auseinanderklaffen von Bild- und Ton-Informationen, erweist sich die spontane Überzeugung, filmisch enkodierte Informationen seien leicht verständlich, da man ja sehen könne, was passiert, als trügerisch. Das Bild gibt nur dem Verständnishilfen, der gelernt hat, es schnell zu dekodieren, um es mit der Tonspur abzugleichen. Dem Seh-Verstehen muss - weit mehr als es bisher geschieht - durch entsprechende Aufgabenstellungen Raum gegeben werden. Dadurch zum Beispiel, dass zunächst ohne Tonspur gearbeitet wird, um den Schülern Gelegenheit zu geben, Mutmaßungen zum Inhalt zu formulieren, gezielt Bildinformationen aufzusuchen und zu analysieren, ihre Wahrnehmung zu artikulieren und zu schulen.
Das Training des Hör-/Sehverstehen beginnt idealerweise schon im ersten Lernjahr (siehe Beispiel folgende Seite) mit Aufgabenstellungen zu kurzen, möglichst authentischen Filmsequenzen und wird - wie das Lesen und Analysieren von Texten - an zunehmend komplexen Seh-Texten geübt. Die Schulung des eigenen Sehens und die Kenntnis davon, wie Wahrnehmung durch Bildgestaltung im Film gesteuert wird, ist Medienerziehung, die auch der Fremdsprachenunterricht leisten kann und soll. Der methodische Zugriff regt zum Sprechen und Schreiben über das Gesehene an und verhindert so ein Verstummen der Schüler durch eine Überbetonung der rezeptiven Aufgabenstellungen.